Das leise Nein
Wenn Käufer plötzlich zögern und warum das niemand sehen will
Ich arbeite auf beiden Seiten: Verkäufer und Käufer. Oft fällt mir auf, wie einseitig in vielen M&A-Gesprächen gedacht wird. Verständlicherweise liegt der Fokus meist auf der Verkäuferseite: das Lebenswerk, das Loslassen, die Emotionen.
Was jedoch oft übersehen wird, dass auch Käufer emotionale Verantwortung tragen, Zweifel hegen, sogar Ängste vor Fehlentscheidungen eine Rolle spielen könnten. Sie müssen und wollen Entscheidungen treffen, die nicht nur finanziell, sondern auch menschlich weitreichend sind und sie tun es oft mit einer Unsicherheit, die kaum jemand ernst nimmt.
Es beginnt alles mit einem oft rationalen Pitchdeck, ein erster Blick auf die Zahlen. Das Unternehmen scheint interessant. Wachstum. Marktstellung. Skalierbarkeit. Vielleicht ist es genau das, was man sucht. Schnell entsteht eine leise Euphorie: könnte das passen? Die Fragen werden konkreter. Das Managementgespräch wird angesetzt. Der Puls steigt. Doch dann, ein Moment, ein Satz, ein Stirnrunzeln. Ein Gefühl, das nicht passt. Die Unsicherheit beginnt.
Es sind selten die harten Fakten, die Käufer ins Grübeln bringen. Sondern das, was zwischen den Zeilen steht: Ist das Team tragfähig, auch ohne den Gründer? Stimmt das Bild, das vermittelt wird oder ist es poliert? Will man wirklich verkaufen oder nur austesten, was möglich ist? Diese Gedanken sprechen die wenigsten laut aus. Aber sie sind da und sie entscheiden oft über Go oder No-Go.
Oft kippt ein Prozess nicht wegen Zahlen, sondern wegen Gefühlen. Ein überinszenierter Pitch. Ein Halbsatz, der hängen bleibt. Eine Körpersprache, die nicht zum gesprochenen Wort passt. Manchmal reichen kleinste Kleinigkeiten, um es aufzubauen oder zu verlieren.
Hier beginnt unsere eigentliche Arbeit als Berater. Nicht in der Datenraumstruktur oder bei Verhandlungspunkten, sondern vor dem ersten Handschlag. Wir lesen Stimmungen. Wir merken, wenn Gespräche kippen. Wir hören die Fragen, die nicht gestellt werden und stellen die, die Vertrauen möglich machen.
Ein guter M&A-Prozess ist Beziehungspflege. Kein Schauspiel. Kein PowerPoint-Wettbewerb. Sondern die Fähigkeit, zwei Systeme miteinander zu verbinden, bevor sie fusionieren. Wer gelernt hat, auf das zu hören, was nicht gesagt wird, erkennt mehr als PowerPoint je zeigen kann.
Vielleicht ist das am Ende genau das, was erfolgreiche Prozesse ausmacht: Nicht Perfektion, sondern ein echtes Gespür für den Moment, der zählt.
Wenn das leise Nein gehört wird und doch noch ein Ja daraus wird.
